Wie wird die auditive Wirkungsweise von Schönheit und Hässlichkeit im Film durch Musik konstruiert?

Einleitung

Der Gegenstand meiner Forschungsstudie ist die Filmmusik. Ich habe also als Gegenstand meiner Untersuchung eine mediale Produktion gewählt. Ich untersuche in meiner Studie Schönheit nicht in Hinblick auf die körperliche Schönheit, sondern in Bezug auf die sinnliche Erfahrung, die durch ein Objekt hervorgerufen wird. Da ich Schönheit als kulturelles Phänomen und soziales Konstrukt betrachte, ziehe ich für die Analyse von nichtkörperliche Schönheit den Begriff der Ästhetik hinzu. Damit werde ich die durch eine mediale Produktion hervorgerufene Affizierung bei einem Rezipienten oder einer Rezipientin untersuchen. An den von mir ausgewählten Filmszenen habe ich untersucht, in wie weit die darin verwendete Musik ein sinnliches Erfahren vorgibt und beeinflusst. Im Verlauf meiner Forschung habe ich die These aufgestellt, dass es neben Schönheitsidealen und normen, die sich auf den Körper beziehen, auch solche gibt, die für die Filmmusik gelten. Schöneheitsideale und -normen gehören zu sozio-kulturellen Codes, die eine kulturelle Konstruktion bilden, mit denen der Mensch in der Postmoderen konfrontiert wird. Ideale und Normen werden von kognitive Mechanismen der Zuschreibung schön und hässlich von Reziepienten vollzogen. Die Rezipienten leiten diese impliziten Charakterisierungen aus ihrem kulturellen Wertesystem ab. Der Regisseur spielt jedoch mit diesem impliziten Wissen und greift damit auf allgemeine Zuschreibungen aus einem kulturellen Wertesystem zurück. Das heißt, dass er mit Idealen und Normen, also bekannten Signigikatenten, arbeitet.
Das Ziel meiner Studie war aufzuzeigen, dass Musik im Film das Empfinden der Rezipienten in Bezug auf Schönheit steuert, auch wenn das visuelle Geschehen sich konträr zum auditiven Hörerlebnis verhält. Es soll deutlich werden, dass, im Gegensatz zu der Bedeutung im alltäglichen Sprachgebrauch des Wortes, als hässlich zu deutendes visuelles Geschehen durch die Musik eine konträre emotionale Wirkung auf die Rezipienten hervorrufen kann. Genauso aber auch umgekehrt. Ich habe also Filmszenen dahingehend analysiert, dass mittels der Musik etwas visuell hässliches als schön dargestellt werden kann oder etwas visuell schönes als hässlich dargestellt werden kann. Als Mittel für diese Darstellung habe ich vorausgesetzt, dass die Musik in den Filmszenen das Bild zu maßgeblich beeinflusst, dass die Wahrnehmung sich verschiebt.
Um die jeweiligen Filmszenen dementsprechend zu analysieren, habe ich mein methodisches Vorgehen so ausgerichtet, dass ich eine Analysemethode entwickelt habe, die beide Aspekte umfasst. Demnach kombiniere ich Aspekte der Musikwissenschaft mit Aspekten der postmodernen Kunst- und Ästhetiktheorie.

Einleitung Filmmusik

Filmmusik ist all jene Musik die im Film vorkommt, egal ob sie extra für diesen Film komponiert wurde oder aus bereits bestehender Musik zusammengesetzt wird. Der Theoretische Hintergrund meiner Studie setzt sich aus verschiedenen Disziplinen zusammen. Zum einen beziehe ich mich auf Theorien zu Musik und Filmmusik. Nach Anselm C. Kreuzer ist Filmmusik „ Musik, die die Gesamtintention des Filmes unterstützt und zum Erleben des Filmes beiträt“ (2009: 18) Sie ist jedoch nie allein Untersuchungsschwerpunkt einer Filmmusikanalyse. Die Filmmusik wird immer in Zusammenhang mit dem Bild untersucht. Die bestehenden Theorien untersuchen folglich das Verhältnis unter verschiedenen Parametern:
Wie etwa Bild, Raum und Zeit. Zudem gibt es unterschiedliche Formen, wie Filmmusik eingesetzt werden kann. Diese sind abhängig von der Intention des/r Regisseurs _in. Generell kann Musik die Dynamik, den Verlauf und die Tempi von psychischen Ereignissen musikalisch nachzeichnen oder auch über kürzere oder längere Zeit gespannte oder angespannte Gefühlszustände bei Rezipienten erzeugen. Die Musik spiegelt Stereotype und Standards wieder, die im Kopf des Rezipinten vorhanden sind, der sie somit leicht verstehen kann.
Die Musik wird hier genutzt, um die Bilder zu bewerten. Dabei steht sie als eigenständige Ebene neben den Bildern – das heißt, auditive und visuelle Ebene sind getrennt. Die Musik und das Bild beeinflussen sich gegenseitit: Musik vermittelt Blickwinkel auf das Geschehen und dieses wiederum beeinflusst die Wahrnehmung der Musik Die Musik ist jedoch nicht dem Bild untergeordnet, sondern hat den gleichen Stellenwert Auditive Reize können das Innere des Rezipienten besser als das visuelle erreichen, da der Gesichtssinn mehr als der Gehörsinn auf distanzierende Warhnehmung angelegt ist. Wenn den akustischen Reizen sehr ausgeprägte Erlebnisqualitäten des Heiter- Angenehmen oder schönen oder des Grausam – Unangenehmen hässlichen anhaften, übertragen sich diese auf das gezeigte Geschehen.

Musikalische Codes
  • Verhältnis der visuellen Ebene zur auditiven Ebene
  • Paraphrasierend, polarisierend, kontrapunktierend
  • Diegetisch oder nicht-diegetisch
  • Musikalische Gestaltungsmittel (Intervalle, Melodie, Harmonie, Rhythmus, Metrum, Takt, Instrumentierund)
Einführung postmoderne Ästhetik

Bezogen auf die musikalische Analyse ist der Forschungsstand im Bereich der Filmmusik umfassend. Sie geben jedoch keinen expliziten Bezug zu aktuellen Theorien der Ästhetik. Die Untersuchungen für Musikästhetik haben für meine Studie ein Problem dargestellt, da sie sich hauptsächlich mit einer Werkanalyse des 19. Und 20. Jahrhunderts befassen. Da ich mich in meiner Studie jedoch mit einer medialen Repräsentation von Ästhetik in der postmoderen beschäftige, habe ich für mein methodisches Vorgehen Theorien der postmodernen Ästhetik der Kunst hinzugezogen.In der Postmoderne entwickelt sich eine neue Art von Ästhetisierung des Subjekts. Das Schöne wird nicht mehr nur auf die Kunst bezogen, sondern auf die Aisthetis, eine Sensibilisierung der sinnlichen Wahrnehmung. In der ästhetischen Subjektivierung der Postmoderne vollzieht sich somit eine Semiotisierung der Wirklichkeit, in der Dinge als Träger von Bedeutung und damit als Zeichen gelesen werden.

Daraus haben sich folgende postästhetischen Codes entwickelt:
  1. Die Kunst distanziert sich von der Schönheit und wendet sich der Erhabenheit zu. Deshalb findet eine Inszenierung der ästhetischen Erfahrung und nicht der Schönheit alleine statt.
  2. Wenn das Erhabene dargestellt werden soll, muss eine intensive Gefühlsregung ausgelöst werden
  3. Die Darstellung des Übergangs zwischen Realität und Fiktion ist fließend und nicht genau trennbar
  4. Es findet eine starke Überzeichnung klassischer ästhetischer Maßstäbe statt
  5. Crossover: vorher getrennte künstlerische Ausdrucksformen werden miteinander verbunden
  6. Durch ein intensives Klangerlebnis und eine sinnlich-körperliche Erfahrung wir ein intensives Klangerlebnis geschaffen
  7. Werke der Spätromantiker können ebenso als postmodern gelten, da sie eine sinnliche Erfahrung hervorrufen.
Analyse:
  1. Zu sehen ist eine Kriegsszene, in der ein Soldat auf andere Soldaten schießt. Die
    Musik vermittelt hingegen Harmonie, Leidenschaft auch Traurigkeit, zeigt also eine
    große Emotionalität. Die ästhtetische Erfahrung drückt sich darin aus, dass eine
    Szene der Gewalt durch die Musik eine sinnliche Komponente erhält.
  2. Intensive Gefühlsregung wird durch die Kombination von visueller und auditiver
    Ebene ausgelöst
  3. Es handelt sich um einen Dokumentarfilm, welcher ein reales Ereignis wiedergeben
    soll. Durch die Darstellung eines Tanzes wird meiner Meinung nach jedoch
    eher eine Deutung der Ereignisse wiedergegeben.
  4. Überzeichnung durch reale Gewaltdarstellung in Kombination mit klassischer romantischer
    Musik
  5. Crossover durch genaue Stimmigkeit von visueller Bewegung und auditiver Formbildung,
    da ein animierter Dokumentarfilm gleichwertig von einer Musik wiedergegeben
    wird, die aus einer anderen Zeitepoche und künstlerischer Ausdrucksform
    stammt
  6. Dissonantes Klangerlebnis, da außer der Musik noch weitere Klangquellen auszumachen,
    diese jedoch genau auf Rhythmus der Musik abgestimmt
  7. Werk eines Spätromantikers
Abschluss

Im Laufe meiner Forschung habe ich eine weiterführende Frage für meine Studie dazu gewählt, die sich mit der allgemeinen künstlerischen Darstellung in der Postmoderne befasst:
„Wie kann ästhetisch auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts reagiert werden, mit welchen Mitteln ist das Grauen […] darstellbar, beziehungsweise: ist es überhaupt darstellbar?“

Szenen

 The Shining opening credit (2008)

The Shining opening scene (2012)

Waltz with basher – Waltz scene (2009)